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Ferienbauernhof Köpf

Eisbad, Familienanschluss und Kälbchengeburt

29. Januar 2023

Die Morgenstimmung am Forggensee bei Füssen – einfach mystisch. Wo bei klarem Wetter schneebedeckte Berge und das berühmte Märchenschloss Neuschwanstein zu sehen sind, hüllt sich die Winterlandschaft heute in ein stilles Nebelgewand.

Nanu? Was machen die einsamen Schuhe hier am Ufer?

Brrrrrrrrr. Da steigt gerade eine Frau bei minus zehn Grad Außentemperatur aus dem Wasser. Echt jetzt? Das kleine Morgenritual von Martina Köpf ist sicher nicht jedermanns Sache, aber ab und an steckt sie damit sogar ihre Gäste an, die ihr dann mutig ins eisige Nass folgen. So beginnt ein Urlaubstag für die Gäste mit einem kleinen Abenteuer – und die Gastgeberin des Ferienbauernhofs fühlt sich danach klar und aufgeräumt im Kopf.

„Da kann ich gar nicht zuschauen, das tut mir weh“, kommentiert ihr Mann Markus Köpf das Eisbad seiner Frau und schüttelt lächelnd den Kopf. Er hat zu Hause den Kachelofen kräftig eingeheizt. „Das ist ihr meistens viel zu warm, aber ich mag das gerne, wenn es draußen so kalt ist.“ Seit 25 Jahren sind die beiden verheiratet und seitdem führen sie zusammen den Hof: Markus Köpf kümmert sich um die Landwirtschaft mit 55 Kühen, seine Frau um die Vermietung der Ferienwohnungen im früheren Stallgebäude. „Beides ist ein Vollzeitjob“, meint der Bauer, der auf dem Hof groß geworden ist. Und seine Frau ergänzt: „Wir machen das mit Liebe, sonst geht das nicht.“

Traumhaft liegt der Hof auf einer leichten Anhöhe des kleinen Weilers Häusern kurz vor Rieden am Forggensee, fünf Autominuten von der Füssener Altstadt entfernt. „Wenn ich morgens sehe wie die Sonne hinter den Gipfeln aufgeht oder die Berge abends rot glühen lässt, stehe ich da draußen und bin dankbar dafür, an so einem schönen Fleck zu sein“, erzählt Markus Köpf. „Viele Gäste kommen wegen diesem Panoramablick. Sie sind hier mitten in der Natur und trotzdem ganz nah an der Stadt. Einer unserer Stammgäste ist 95 Jahre alt. Die Augsburgerin kommt drei bis vier Mal im Jahr mit ihrer Tochter zu uns. Sie schauen die ganze Woche die Berge von der Wohnung aus an und haben Tränen in den Augen“, berichtet seine Frau Martina.

Den Weiler Häusern gibt es nachweislich schon seit Anfang des 14. Jahrhunderts und er gehörte später zeitweilig zum ehemaligen Benediktinerkloster Sankt Mang und noch heute zu Füssen. Die Vorfahren von Markus Köpf kamen im 19. Jahrhundert hierher. Die Bilder in der Chronik zeigen den Hof und die umliegenden Gebäude, sowie ein Hochzeitsbild aus der Nachbarschaft. Schon der Großvater und der Vater von Markus Köpf hatten eine kleine Landwirtschaft mit 10 bis 15 Kühen, waren aber gleichzeitig im Wasserleitungsbau tätig, um ihre Familien ernähren zu können. „So haben oft die Frauen die ganze Arbeit auf dem Hof gemacht, weil die Männer viel unterwegs waren“, erzählt Markus Köpf.

Als seine Mutter Marianne Köpf 1960 nach Häusern kam, begannen die Köpfs mit der Zimmervermietung. „Das waren ganz einfache Zimmer mit einem Waschbecken und einem Klo fürs ganze Haus, später kam dann eine Etagendusche hinzu.“ Die Kundschaft kam sozusagen von der Straße, denn das Schild mit der Aufschrift „Zimmer zu vermieten“ wies ihnen den Weg auf die Anhöhe. Wenn in der Hauptsaison von Ende Juni bis September gegen Abend noch Gäste zur Stalltür reinschauten und nach einem freien Bett fragten, schliefen Markus Köpf und seine zwei Schwestern auch mal bei ihren Eltern im Schlafzimmer. „Ein eigenes Zimmer, so wie man das heute kennt, hatten wir nicht. Wir waren immer dort, wo eben Platz war. Das Frühstück für die Gäste gab es im Wohnzimmer und abends schauten sie auf dem Sofa zusammen Fernseher. Das hat uns als Kinder schon ein bisschen genervt“, meint der Landwirt.

Andererseits genossen sie auch die Zeit, in der er und seine Schwestern zusammen mit den Ferienkindern spielen konnten und die Gäste ihnen eine Spezi oder eine Pizza vom Italiener mitbrachten. „Das war für uns etwas Besonderes, weil wir früher ja fast nie zum Essen gegangen sind. Manche Gäste haben wir aber auch geärgert. Einmal habe ich zusammen mit meinen Kumpels den Kuchen weggefuttert, den meine Mutter zum Geburtstag für einen Gast gebacken hatte, den wir nicht mochten und einen Zettel auf die Kuchenplatte gelegt mit den Worten: Das waren wir.“

Die einfachen Gästezimmer im großen Wohnhaus legten seine Eltern noch in den 1960er Jahren zu Ferienwohnungen mit Balkon zusammen. Damals ein Luxus. Heute sind die Unterkünfte im ehemaligen Stallgebäude untergebracht. Fast 20 Jahre stand es leer, bis die Köpfs 2017 mit dem Umbau beginnen und zusammen mit ihrem Schwager, der Architekt ist, die Wohnungen nach ihren eigenen Vorstellungen einbauen konnten. Die Familie investierte viel Eigenarbeit in den Umbau, auch aus der Nachbarschaft kam Unterstützung.

Und so freut es sie umso mehr, wenn die Gäste von ihren Unterkünften begeistert sind. „Für uns war klar, dass, wenn wir umbauen, hochwertige Wohnungen entstehen sollen. Für uns ist es eine schöne Bestätigung, wenn die Gäste rein kommen und sagen „Wow, ist das toll hier“, erzählen die Köpfs. Auch eine große Wohnung mit 120 Quadratmetern wurde gebaut. „Anfangs waren wir unsicher, wie diese Größe wohl bei den Gästen ankommt, aber oft mieten das Leute, die in der Stadt nur eine 50 Quadratmeter große Wohnung haben und sich im Urlaub etwas gönnen wollen.“

Die Hälfte der Urlauber sind Stammgäste und kommen immer wieder, so wie Familie Thrin aus Gernsheim in Hessen, die 2016 zum ersten Mal im Allgäu war und 2017 auf den Ferienhof Köpf kam. Seitdem haben sie schon zehn Mal hier Urlaub gemacht, sommers wie seit drei Jahren auch winters. „Für uns ist das schon wie ein zweites Zuhause, ein Wohlfühlort. Wenn wir auf der A7 das Allgäuer Tor passieren und die Berge sehen, ist uns alles schon so vertraut. Wir sind von der allerersten Sekunde an im Urlaub und finden es erstaunlich, dass immer alles so tiptop ist, wenn wir kommen. Wir haben immer das Gefühl, wir sind die ersten Gäste, die die Wohnung überhaupt mieten. Alles ist toll ausgestattet und geschmackvoll eingerichtet.“

Familie Thrin genießt es vor allem, in der Natur unterwegs zu sein. Trubel brauchen sie nicht, sondern freuen sich an dem Mix aus Bewegung und Seele baumeln lassen. Deshalb wandern, schwimmen oder fahren die Thrins gerne Schlauchboot, aber bisher nur im Sommer. Für die Eisbäder von ihrer Gastgeberin konnten sie sich noch nicht erwärmen. Trotzdem hat es ihnen auch der Allgäuer Winter angetan. „Es ist schön, die Berge, die wir vom Wandern im Sommer kennen, mit dem vielen Schnee zu sehen. Wir spazieren dann gerne draußen, fahren Schlitten oder gehen eine Runde Langlaufen.“

Wenn es ihre Zeit erlaubt, begleitet Martina Köpf ihre Gäste auch bei ihren Wanderungen. Manche gehören für sie schon zur Familie, berichtet die Gastgeberin. „Über die Zeit bauen sich einfach schöne Beziehungen auf. Das macht ja Freude, wenn Menschen immer wieder zu uns kommen und das nicht nur eine einmalige Begegnung ist.“ Die Gastgeberin schafft zusammen mit ihrem Mann immer wieder Gelegenheiten, bei denen sich ihre Gäste auch untereinander kennenlernen können, zum Beispiel bei einem gemeinsamen Spaziergang, beim Dorffest oder bei einem Grillabend. Jedes Jahr ist sie bei Lehrfahrten dabei und besucht mindestens eine Fortbildung zu Themen wie Waldspaziergang, Kneipp, Social Media oder Sauberkeit, um ihre Gäste optimal zu betreuen und ihren Service noch zu verbessern.

Als sie auf den Hof kam, war die Ferienvermietung absolutes Neuland für sie. Mittlerweile hat sie ein gutes Gespür dafür, was sie den Gästen anbieten kann. „Wenn ich mich mit den Urlaubern unterhalte, überlege ich, was sie interessieren könnte. Entweder gebe ich Tipps oder mache ihnen direkt ein Angebot zum Beispiel für eine gemeinsame Wanderung. Einen Gast hatte ich mal beim Pilzesammeln dabei – der ist im Wald leider auf jeden Pilz getappt, das war nicht das Richtige für ihn.“ Aushänge für Unternehmungen macht sie aber nicht. Meist würde es spontan besser klappen, außerdem seien manche Gäste auch einfach froh sind, wenn sie im Urlaub mal ihre Ruhe hätten und die sollten sie dann auch haben.

Martina Köpf und ihre Familie sind fest verwurzelt in Häusern, auch das spüren die Gäste. Familie Thrin zeigt sie die Kirche St. Urban, für die sie sich ehrenamtlich engagiert. Die Kinder dürfen auch einmal an den Seilen ziehen, um die großen Kirchenglocken zu läuten. Die Köpfs sind in verschiedenen Vereinen aktiv. So spielen Vater und Sohn Lorenz zusammen im Musikverein.  Hier an der Ortsgrenze zu Rieden kennt jeder jeden. „Jung kann mit alt und umgekehrt – im Dorf ist eine schöne große Gemeinschaft und ein gutes Miteinander. Das ist sehr wichtig für uns. So kommen die Gäste beim Dorffest auch schnell in Kontakt mit anderen Einheimischen und schätzen das ebenso.“

Das Bauernhoferlebnis sei für viele Gäste zwar interessant, aber nicht unbedingt ausschlaggebend für ihre Entscheidung, gerade bei den Köpfs zu buchen, berichtet die Gastgeberin. So ist das Publikum bei den Köpfs sehr gemischt – von Familien bis zu Paaren aller Altersklassen, auch Gäste aus anderen europäischen Ländern kommen gerne auf den Hof. Die weiteste Anreise hatten wohl Urlauber aus Neuseeland.

Die Thrins haben sich ganz bewusst für diesen Ferienbauernhof entschieden: „Uns interessiert das wirkliche Leben auf dem Bauernhof. Wir wollten keine Unterkunft mit Spielscheune oder etwas ähnlichem. Hier bekommen unsere Kinder einen guten Einblick, wie Landwirtschaft funktioniert und können mit ihren Fragen auch jederzeit zu Markus und Martina gehen oder auch mithelfen.“ Besonders beeindruckt war die Familie von einer Kälbchenzwillingsgeburt, die sie auf dem Hof miterleben konnten. „Das war keine leichte Geburt und ganz schön aufregend mit dem ganzen Drumherum“, meint Sarah, die älteste Tochter.

Im Stall mithelfen, Tiere füttern und versorgen – die drei Mädchen genießen die Zeit auf dem Bauernhof. Ein bisschen stolz sind sie auf all die Gipfel, die sie  in der Umgebung schon erklommen haben. Die Liste ist ziemlich lang und ihr Vater schreibt seine Berichte über die Wanderungen nicht nur als Erinnerung für die Familie, sondern auch für die Köpfs und für die anderen Hausgäste. „Als die Kinder noch kleiner waren, hat uns Martina viele Tipps gegeben, was wir hier machen können. Da hat sie einen guten Blick dafür, was auch mit kleinen Kindern machbar und abwechslungsreich ist, damit es spannend bleibt. Irgendwann habe ich angefangen, das aufzuschreiben und ich finde es schön, mit meinen Texten etwas davon zurückzugeben.“

Nach den Ausflügen treffen sie einige der Gäste im Gemeinschaftsraum mit einer kleinen Spielecke, der eher aus Zufall als aus Planung heraus entstanden ist. Dort serviert Martina Köpf auch Kaffee, Punsch, Kekse oder Allgäuer Käse für die Gäste und gerne setzen sie und ihr Mann sich auch für einen Moment dazu. Dann kann es auch einmal sein, dass Sohn Lorenz ein kleines Alphornständchen gibt oder den Gästen das Spielen beibringt. Familienanschluss gehört bei den Köpfs dazu. Und wer lieber unter sich bleibt, hat in dem großen Haus genügend Freiraum.

Auch die erwachsenen Kinder von Martina und Markus Köpf helfen im Betrieb mit. Tochter Daniela kümmert sich um die Social Media Kanäle und die Buchungen, Sohn Lorenz macht gerade die Ausbildung zum Landwirt und hilft abends im Stall, ebenso Opa Karl mit seinen fast 90 Jahren. „Ich habe erst eine Werkzeugmechanikerlehre gemacht, aber mir war immer klar, dass ich das mit dem Hof später einmal machen will. Ich finde, wir haben auch einen Auftrag mit der Landwirtschaft und es freut mich, wenn mich die Gäste darüber etwas fragen.“ So kann sich das Gastgeberpaar ab und an ein bisschen Zeit nehmen und etwas unternehmen.

Ihre Kinder fanden den Umtrieb mit den Gästen schon immer gut. „Da war immer jemand zum Spielen da und die Feriengäste haben uns auch zum Wandern und Baden mitgenommen. Wir haben tolle Erinnerungen an die Zeit, das möchten wir nicht missen. Dabei sind auch Freundschaften entstanden und manche, die als Kinder hier waren, haben wir auch schon in ihrer Heimat besucht.“

Das Gesamtpaket der Köpfs scheint die Gäste zu überzeugen. Im Google-Ranking stehen sie mit ihren Fünf-Sterne-Ferienwohnungen ganz oben. Auch die bayerische Tourismusauszeichnung für die gastfreundlichste Unterkunft mit dem Goldenen Gockel haben sie aufgrund der Top-Gästebewertungen im Netz schon bekommen. „Manche Gäste sagen, dass sie gar nicht mehr gern eine Online-Bewertung schreiben, damit sie eine Chance haben, auch im nächsten Jahr wieder eine Wohnung bei uns zu bekommen.“

Draußen glitzert und funkelt es, die Sonne lässt die Eiskristalle auf den weißen Flächen tanzen. Kein Wunder, dass die Urlauber auch im Winter am liebsten hier bleiben und die märchenhaften Landschaft ringsherum genießen möchten. Doch an einen geliebten Platz zurückzukommen, hat auch etwas ganz Besonderes. „Stammgäste sagen, es ist wie nach Hause kommen, für uns ist es Heimat“, meint Markus Köpf und lächelt zufrieden.