Alles Photoshop oder was?

Karibisches Farbenspiel rund um Füssen

14. August 2019

Dieses Hellblau, ah! Jetzt noch einen Cocktail dazu und man wähnt sich in einer karibischen Inselkulisse. Antigua, Antillen, Jungferninseln? Nein, das Ufer des Weißensees, an dem der gleichnamige Füssener Ortsteil liegt. Mit solchen Fotos könnte man spielend auch ferngelegene Urlaubsdestinationen bewerben. Die Bewohnerzahl ist ebenfalls „insulanisch“: die nur 2500 Weißenseer „Locals“ haben diese Schönheit jeden Tag vor Augen. Mal scheint der See grünlicher zu sein, mal bläulicher. Dieses Farbenspiel zeigen viele Gewässer rund um die romantische Stadt Füssen. Wie kommt es zustande?

Foto: Boutique-Hotel Dreimäderlhaus

Nicht etwa außergewöhnliche oder besonders viele verschiedene Mineralien, die von den umliegenden Bergen ins Wasser geschwemmt werden, zaubern die Farben. Das Wasser ist schlicht farblos – und sehr rein. Die Reinheit des Wassers allein spielt schon eine große Rolle für die Farbgebung der Gewässer. Doch vor allem zwei Künstler mischen kräftig dabei mit: Sonnenlicht und Kalk. Sonnenlicht besteht aus vielen Farben, von denen die meisten von den Wasserteilchen geschluckt werden. Bei reinem Wasser wird nur das Blau gestreut und zurückgeworfen. Je tiefer das Gewässer, desto intensiver sehen die Blautöne aus. Doch auch die Teilchen, die sich am Boden ablagern oder aufgewirbelt werden, beeinflussen die Tönungen. Füssen liegt an den Nördlichen Kalkalpen. In den Gewässern ist deshalb vor allem mikroskopisch feinster Kalk enthalten, der das einfallende Licht weiter streut und reflektiert. Auch kleinste Teilchen aus Schlamm oder Algen verändern die Färbung. Sie lassen das Wasser bräunlicher oder grünlicher erscheinen.

Und hier weitere prächtige Farbtupfer rund um Füssen:

 

1. Der Lech – der letzte Wilde

 

Dessen Farbe wirkt schon allein beim Betrachten wie ein Cocktail. Er rauscht vor den Toren Füssens in eine Schlucht – die letzte im bayerischen Alpenraum, durch die ein Wildfluss noch ungehindert fließen kann – und gibt der historischen Stadt südöstlich eine Art Unterschrift. Der Lech entspringt im Quellgebiet des Formarinsees in Tirol und fließt umgeben von den Allgäuer und Lechtaler Alpen nach Füssen in den Forggensee und durch die hügelige Moränenlandschaft weiter bis nach Marxheim, wo er in die Donau mündet. Auf Bildern wirkt es oft so, als hätte jemand kräftig mit der Farbpalette eines Bildbearbeitungsprogrammes gespielt. Doch das Wasser erscheint an vielen Tagen so türkis- bis milchig jadegrün, weil feinste Dolomitpartikel das Sonnenlicht reflektieren.

Dolomit ist ebenfalls ein Kalkgestein. Und wenn man sich an karibische Farben erinnert fühlt, ist das ziemlich nah dran an dessen Entstehungsgeschichte. Vor ca. 220 Millionen Jahren war das Gebiet des heutigen Süddeutschlands von einem flachen tropischen Meer bedeckt – durchzogen mit riesigen Riffen und Inseln.  Klingt nach Urlaubsparadies. Doch damals war es extrem heiß, kein Lebewesen hätte hier bestehen können.  In den heißen Lagunen aber entstand das Dolomit, das heute dem Lech seine magische Farbe verleiht.

2. Der Alpsee – des Königs Liebling

 

Diesem See war Märchenkönig Ludwig II. sehr zugetan. Wasser war sowieso sein Lieblingselement. Bei all seinen Bauten versuchte er es in irgendeiner Form zu integrieren. Schon als Kind soll er während seiner Aufenthalte im Schloss Hohenschwangau liebend gerne im Alpsee geschwommen sein und später den See in nahezu olympischer Rekordzeit durchquert haben. Vor allem aber war ihm wohl eine Stelle am Nordufer besonders wichtig: der Pindarplatz auf einem 15 Meter hohen Felsen. Man mag sich vorstellen, wie der König hier saß, las und sich oft auch mit einem kleinen Boot über den See treiben ließ. Was für eine Anderszeit! Später wollte er mit einer Pfauenbahn – ähnlich einer Kabinenbahn – über das farbig-leuchtende Wasser schweben. Leider wurde das Projekt nie verwirklicht. Die traumhaften Farbnuancen des Sees, dessen Wellen weiß kräuselnd am Ufer auslaufen, aktivieren sofort Urlaubsgefühle. Für Momente ist man hier ganz weit weg vom Alltag. Je nach Tageszeit und Sonneneinstrahlung wechseln die Farben. Dafür sind auch beim Alpsee vor allem feinste Kalkpartikel verantwortlich. Der See kann auf einem Fußweg ganz umrundet werden, außerdem gibt es viele Einstiege ins Wasser. Vom Südufer aus kann man beide Königsschlösser – Hohenschwangau und Neuschwanstein – sehen.

3. Der Hopfensee – die Panoramaloge

 

Entstanden ist der Hopfensee während der Würmeiszeit, als der Gletscher des Lechvorlands abschmolz, also auch ein Gewässer mit langer geologischer Geschichte. Während Lech und Alpsee auch im Sommer bergfrisch kalt sind, ist dieser See nördlich von Füssen einer der wärmsten bayerischen Voralpenseen. Schon Ende Mai hüpfen hier viele ins Wasser – fürs Allgäu eher ungewöhnlich. Schwimmen, segeln, surfen und die Sonne auf den Bauch scheinen lassen – nicht nur mit seiner herrlich blauen Farbe ist er ein Urlaubsparadies für sich. Der Blick auf die Allgäuer, Lechtaler, Tannheimer und Ammergauer Alpen ist großartig. Sogar Schloss Neuschwanstein am Fuße des Tegelbergs blitzt immer wieder hervor. Zwischen dem Schilf laden idyllische Plätze zum Auftanken ein. Im Sommer blühen gelbe Teichrosen auf dem Wasser. Auch ein Strandbad mit Liegewiese gibt es am Ende der Uferpromenade von Hopfen. Der Füssener Ortsteils lädt mit den vielen Cafés und Restaurants mit Seeblick zum Flanieren ein. Nicht umsonst wird der Luft- und Kneippkurort auch Allgäuer Riviera genannt. Auf dem Hopfenseerundweg kann man den See in circa eineinhalb Stunden umrunden und immer wieder neue Blicke auf die Berge und das Wasserblau genießen sowie besondere Pflanzen- und Vogelarten bewundern.

4. Der Forggensee – der größte im Allgäu

 

Ohne Lech kein Forggensee. Dass er ein Stausee ist, sieht man ihm wirklich nicht an. Er dient als Kopfspeicher für die lechabwärts gelegenen Wasserkraftwerke und ist während der Schneeschmelze für die Hochwasserregulierung wichtig. Mit seinen zwölf Kilometern Länge und drei Kilometern Breite ist er der größte See im Allgäu und der fünftgrößte Bayerns.

Aber nur in den Sommermonaten leuchtet sein kräftiges Blau zu Füßen der Königsschlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau. Im Winter wird der Forggensee weitgehend abgelassen und die Wassermassen geben die Reste der römischen Militärstraße Via Claudia Augusta frei. Wenn der See dann im Frühjahr wieder aufgestaut wird, ist das Wasser sehr klar. Da der sandige Untergrund hell ist, erscheint es an sonnigen Tagen besonders intensiv blau, bei starker Schneeschmelze eher grünlich, bedingt durch die Gesteinspartikel aus dem Lech. Da beständig neues Wasser in den Forggensees fließt, kann er also jeden Tag anders gefärbt sein.

Auch hier gibt es überall schöne Badestellen, außerdem kann der See auf der Forggensee-Runde mit dem Rad umfahren und von Anfang Juni bis Mitte Oktober bei einer Tour mit der Forggenseeschifffahrt umrundet werden.

Warum also weit fliegen und das Klima belasten, wenn das Urlaubsglück viel leichter und ohne tropische Temperaturen zu haben ist? Einfach mal wünschen oder gleich auf fuessen.de umgucken.