Winterliche Logenplätze

Sonnenverwöhnt
Winterliche Logenplätze rund um Füssen

20. Januar 2022

Was für ein Anblick! Wenn sich anderswo der Himmel in wenig beeindruckenden Graunuancen zeigt, erhebt sich die auf 808 Metern höchstgelegene Stadt Bayerns am Alpenrand oft über die Nebeldecke. Strahlend blauer Himmel über Füssens Altstadt mit seinen gotischen Bürgerhäusern und über den Logenplätzen um die Stadt herum: Was braucht „Mensch“ in der dunklen Jahreszeit mehr als solch traumhafte Ausblicke und Sonnenlicht? Das nämlich kurbelt die Produktion des Glückshormons Serotonin kräftig an. Und wenn Sie jetzt nicht so schnell nach Füssen kommen können, schon das Anschauen der winterlichen Impressionen macht glücklich – versprochen. Hier ein paar Tipps für eine kleine Anderszeit, um den Winterblues ganz schnell zu vertreiben.

1. Der Lechfall – grüne Magie mit Wasserrauschen

Lechfall Füssen

Von der Altstadt sind es nur fünfzehn Minuten zu einem ganz besonderen Platz. Unterhalb vom barocken Benediktinerkloster Sankt Mang und dem angrenzenden Baumgarten führt der idyllische Uferweg entlang des „wilden Grünen“ zum imposanten Lechfall. Der Lech ist der letzte Wildfluss der Kalkalpen und rauscht vor den Toren Füssens unter den Blicken von König Maximillian II., der als Büste in den Felsen eingelassen ist, durch eine enge Schlucht. Sie ist die eigentliche Sensation, auch wenn die meisten Besucher wegen des Wasserfalls hierher kommen, denn sie ist die letzte im bayerischen Alpenraum, durch die ein größerer Alpenfluss noch frei und von Menschenhand ungehindert fließen kann. Die Lechschlucht bietet auch eine mögliche Erklärung für den Namen der Stadt: Lateinisch „fauces“ = Schlund wurde Füssen im Mittelalter genannt – übertragen die „Stadt an der Schlucht“. Seine magische Farbe hat der Lech übrigens dem Hauptdolomit zu verdanken, dessen feine Gesteinspartikel durch das Licht so gebrochen werden, dass das Wasser je nach Wetter oft türkisgrün leuchtet. Jeden Tag sind hier die Stimmungen anders: Mal atmet der Fluss aus und hüllt sich bis zu den ersten wärmenden Sonnenstrahlen in dünne Nebelschleier, dann wieder erscheint er ganz klar und wirkt zusammen mit den verschneiten Wäldern und Uferflächen wie ein Kunstwerk.

2. Der Kalvarienberg – Traumpanorama mit Geschichte

Füssen ist umgeben von schönen Logenplätzen, die häufig auch eine historisch-kulturelle Bedeutung für die Stadt haben, so wie der Kalvarienberg. Er gehört unbedingt auf die „To Do-Liste“ für einen Stadtbesuch –  sommers wie winters, auch wenn der Kreuzweg hinauf nicht geräumt werden kann. Von der Altstadt geht es über die Theresienbrücke zur Kirche „Unsere liebe Frau am Berg“ auf der gegenüberliegenden Seite der Tiroler Straße. Von dort führt ein ansteigender Pfad in einer Dreiviertelstunde durch den dick verschneiten Wald zur Anhöhe mit der Plattform auf 953 Metern hinauf. Auch die 14 neogotischen Kreuzwegstationen sind sehenswert, vor allem die Marienkapelle auf der Hirschwiese. Bayerns Märchenkönig Ludwig II. soll den Kreuzweg häufiger besucht haben, zuletzt am Karfreitag wenige Monate vor seinem Tod 1886. Schon seine Eltern begleiteten und finanzierten den Aufbau des Kalvarienbergs mit. Oberhalb der Gipfelkapelle ragt eine imposante Kreuzigungsgruppe empor. Von hier ist die Aussicht auf die winterliche Landschaft wirklich atemberaubend und zu den verschiedenen Seiten immer wieder anders: Einmal zeigen sich die Königsschlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau in die weiße Alpenkulisse eingebettet, dann die Altstadt von Füssen mit der Voralpenlandschafts des Allgäuer Schlossparks im Hintergrund, dann wieder der grüne Lech, wie er sich ins Lechtal nach Österreich schlängelt. Mit einem heißen Tee hier oben zu stehen und den Blick schweifen zu lassen, ist purer Wintergenuss!

 

3. Der Forggensee am Festspielhaus Neuschwanstein – Überraschung mit Fundstücken

Zurück zum Lech. Nachdem der Wildfluss die Füssener Altstadt südöstlich umflossen hat, mündet er in den Forggensee. Dieser wurde erst 1954 zum ersten Mal aufgestaut, was ihm aber nicht anzusehen ist. Wer schon einmal im Sommer am Festspielhaus Neuschwanstein war, wird jetzt wahrscheinlich ziemlich überrascht sein: Wo man in der warmen auf herrlich blaues Wasser zu Füßen von Schloss Neuschwanstein und den steil aufragenden Ammergauer Alpen blickt, ist jetzt nur eine schneebedeckte Ebene zu sehen. Denn der See wird alljährlich ab Mitte Oktober langsam abgelassen, um die gleichmäßige Versorgung der Wasserkraftwerke lechabwärts zu sichern und im Frühjahr das Schmelzwasser aus den Alpen auffangen zu können. Wenn kein Schnee mehr liegt, werden die vielen Geschichten auf dem Seegrund sichtbar, der dann von winzigen Kratern und Furchen durchzogen ist und Fundstücke wie alte Gemäuer, Hufnägel und Rohglas freigibt. Sogar römische Münzen sind hier schon gefunden worden. 1974 wurden freigespülte Grundmauern und Ziegelreste einer römischen Villa rustica entdeckt, ein Gutshof, in dem Reisende versorgt wurden, ebenso ein römisches Badehaus. Auch Spuren einer alten Römerstraße sind zu sehen, die vermutlich eine Verbindung zur Römersiedlung am Tegelberg und der Römerstraße Via Claudia Augusta hatte. Wenn der Wasserpegel im April seinen niedrigsten Punkt erreicht hat, bietet der Heimatforscher Magnus Peresson Wanderungen durch den leeren See an.

 

4. Der Hopfensee –Bergpanaroma mit Winterwald

Der Allgäuer Schlosspark rund um Füssen ist gesegnet mit Seen. Vom Forggensee geht es zum Füssener Ortsteil Hopfen am See. Die sechs Kilometer lange Runde um den Hopfensee ist ein Klassiker, denn egal zu welcher Jahres- oder Tageszeit – sie ist immer schön. Der Rundweg gehört zu den ausgewiesenen Winterwanderwegen, die geräumt und bei Bedarf auch gesplittet werden.

Im Winter erzählt die Kulisse der weiß-strahlenden Gipfel der Allgäuer, Tiroler und Ammergauer Berge rund um Füssen und Schloss Neuschwanstein ein ganz eigenes Märchen. Früh am Morgen kann es an einem Wintertag wie diesem zwar klirrend kalt sein, dafür liegt ein Zauber über dem See. Die Stille ist magisch, denn die dicke Schneedecke verschluckt alle Geräusche und die Kälte schafft vergängliche, kristalline Kunstwerke am Wegesrand. Wenn später die Sonne das Weiß von den Bäumen schmilzt, wird man manchmal auch mit Schneekristallen gepudert. Rund um den See kann man auf den Bänken herrlich sonnenbaden. Danach lockt die Uferpromenade im Ort, die im Sommer auch „Allgäuer Rivera“ genannt wird, mit Cafés und Restaurants zu einer kleiner Einkehr – bei schönem Wetter auch auf der Terrasse.

 

5. Die Burgruine Hopfen – Logenplatz mit Felsennest

Von Hopfen aus führen zwei Wegen durch den Hopfener Wald auf eine Anhöhe hinauf. Die Äste der großen Fichten hängen schneebeschwert nach unten und zaubern eine mystische Atmosphäre. Ein Eichhörnchen gräbt ihm Schnee nach seinen Vorräten, ein aufgeplustertes Rotkelchen sucht nach ein paar Körnern. Der Wald gibt auf dem Weg keinen Blick auf die Landschaft frei. So ist das prächtige Panorama, das sich oben an der Burgruine Hopfen plötzlich bietet, eine echte Überraschung: Der Blick auf die winterliche Landschaft mit dem Hopfensee und den Allgäuer und Ammergauer Alpen mit Schloss Neuschwanstein am Fuße des Tegelbergs zaubert definitiv ein erstauntes Lächeln ins Gesicht. In einer knappen halben Stunde erreicht man diesen erhabenen Schlosspark-Logenplatz. Sonnenaufgänge, Sonnenuntergänge und die Zeit dazwischen: Hierher zu kommen, lohnt sich zu jeder Tageszeit. Aus dem Schnee ragen die Mauerreste der Burg Hopfen heraus, die als die früheste Steinburg des Allgäus gilt. Mit dem Niedergang der Welfen ging sie an das Hochstift Augsburg über und diente bis zum Neubau des Hohen Schlosses in Füssen als Dienstsitz des bischöflichen Propstes. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde sie fast vollständig abgebaut, weil die Steine für den Umbau des Füssener Klosters St. Mang gebraucht wurden.

 

6. Der Höhenrundweg Senkele – Logenplatz mit Sahnehäubchen

Ein moderat ansteigender, einstündiger Wanderweg vom Wildstand-Wanderparkplatz bei Hopferwald, der durch verschneite Wiesen und dann durch Buchenwald verläuft, führt zum Senkele hinauf. Ein famoses Panorama erwartet einem, denn hier hat man alles im Blick, was den Schlosspark so besonders macht: Die leuchtende Steinriesen ragen wie eine Perlenkette hinter den verschneiten Tälern, Wäldern und zugefrorenen Seen auf. Der Säuling, Füssens Hausberg, wacht über die traumhafte Kulisse und die Stadt. Auch die Königsschlösser und die drei Burgruinen Eisenberg, Hohenfreyberg und Falkenstein sind gut zu sehen. So viel Aussicht vertreibt wirklich jeden Anflug von Winterblues. Wenn die Bänke nicht allzu dick zugeschneit sind, kann man an der Senkelealm oder oberhalb von der Beichelsteinalpe ein kleines Winterpicknick mit heißem Tee machen – oder in der Alpe Beichelstein einkehren, die eine große Sonnenterrasse hat. Wer sich in solche Logenplätze verliebt hat, kann ja schon jetzt vom Beginn der Wandersaison träumen …

Auf dem Höhenrundweg Senkele verläuft auch die Logenplatz-Route, einer von drei neuen Fernwanderwegen im Erlebnisraum Allgäuer Schlosspark. Bei dieser Route ist der Name Programm, denn auf den 133 Kilometern spielt das Bergpanorama die Hauptrolle. Umwerfend!

 

7. Der Tegelberg – Winterromantik mit Schlossblick

Einsteigen bitte! Wer nicht mit Schneeschuhen oder Tourenski auf den Tegelberg unterwegs ist, kann mit der Kabinenbahn bequem auf das 1.720 Meter hohe Massiv der Ammergauer Alpen hinauf fahren, das nur einen Katzensprung von Füssen entfernt ist. Nach nur wenigen Augenblicken verstummen alle Gespräche und ein kollektives „Oh“ raunt durch die Kabine. Wow! Die winterliche Landschaft wäre allein schon traumhaft, aber wie das Schloss der Schlösser am Fuße des Tegelberges auf dem Pöllatfelsen thront, verleiht ihr den Titel Königskulisse. Wahrscheinlich wäre Märchenkönig Ludwig II., Erbauer des weltbekannten Schlosses Neuschwanstein an Tagen wie diesem immer wieder rauf und runter gegondelt, um sein prächtiges Bauwerk zu bewundern. Der Monarch liebte den Winter. Tatsächlich war unter seinen vielen ungewöhnlichen Ideen auch die eines schwebenden Luftwagens, sozusagen die Grundidee einer Bergbahn. Diese Idee wurde zu seinen Lebzeiten als endgültiger Beweis dafür gesehen, dass der König geisteskrank sei. Aus heutiger Perspektive war er einfach ein genialer Visionär. Von der Bergstation der Tegelbergbahn führen zwei geräumte Winterwanderwege mit traumhafter Aussicht durch das königliche Paradies. Für Sonnenhungrige gibt es bequeme Liegen, um sich ein bisschen wegzuträumen. Auch im Schwanseepark, der von der Füssener Altstadt über den Lechfall und das Königssträßchen zu erreichen ist, sind die Königsschlösser immer wieder aus unterschiedlichen Perspektiven zu bewundern. Hier war die Königsfamilie einst regelmäßig zum Sonntagsspaziergang unterwegs.

 

8. Die Altstadt von Füssen – Winterschönheit mit Traumnischen

Selbst im Winter wirkt diese Stadt nie trostlos – ganz im Gegenteil. Mit ihrem romantischen Charme ist ein Füssenurlaub in der kalten Jahreszeit mindestens genauso schön wie im Sommer – und ganz anders. Nur wenige Städte in Deutschland können wirklich einmal verschneite Ansichten bieten. Die bunten Häuserfassaden mit ihren weißen Dächern, die kleinen Läden, verwinkelten Gassen und Sehenswürdigkeiten wie das Hohe Schloss und das Kloster Sankt Mang machen einfach Laune. In der Stadt gibt es kleine Rückzugsorte wie den Trilogieplatz der Wandertrilogie Allgäu in der Nähe des Bleichertors, wo man auf einer Chaiselongue-Bank die Aussicht auf den Lech und die Altstadt genießen kann. Und wenige Schritte weiter ist man am Stadtrand und mitten in der Natur. So eine Kombination ist wirklich selten.

Neben dem Lechfall, dem Kalvarienberg, dem Schwanseepark oder dem Festspielhaus Neuschwanstein sind noch viele andere winterliche Logenplätze fußläufig zu erreichen. Im Faulenbacher Tal kann man einen ebenso romantischen wie aussichtsreichen Winterspaziergang bis zum zugefrorenen Alatsee unternehmen. Toll ist auch der Blick vom sogenannten Galgenbichl nordwestlich der Füssener Innenstadt. So uncharmant der Name, so schön der Platz, um den unterhalb des mächtigen Säulings die Stadt ihre Arme ausbreitet. Mit roten Backen geht es dann zurück in die kleinen Cafés und Gasthäuser, um sich wieder aufzuwärmen und von den zauberhaften Winterstimmungen in Füssen und im Allgäuer Schlosspark zu schwärmen.