Wo geht’s hier bitte zum Wasser?

Auf der Kneipp-Radrunde rund um Füssen wartet die Abkühlung (fast) hinter jeder Kurve

24. Juni 2019

Aufatmen, auftanken und wieder aufbrechen zum nächsten schönen Wasserplatz – auf der Kneipp-Radrunde geht es ganz entspannt von See zu See. Dass das Allgäu nicht nur steile Berge für Mountainbiker hat, sondern auch viele flache Radelstrecken durch grüne, hügelige Wiesen bietet, zeigt diese Tour rund um Füssen. Das traumhafte Alpenpanorama fährt dabei immer wie eine Kulisse mit.

Mit knapp 26 Kilometern auf vorwiegend asphaltierten Wegen ist die Kneipp-Radrunde eine ideale Tour für Einsteiger, auch um die Ortsteile von Füssen kennenzulernen. Sie gehört zum zertifizierten Routenangebot der RadReiseRegion „Schlosspark im Allgäu“ vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) und ist mit vier Sternen ausgezeichnet.  Die Helden des Allgäus sind hier besonders präsent: Märchenkönig Ludwig II., Erbauer von Neuschwanstein ist der berühmteste Vertreter, aber natürlich auch der Namensgeber der Runde, Pfarrer Sebastian Kneipp. Dessen ganzheitliche Gesundheitslehre, die auf den fünf Säulen Wasser, Bewegung, Ernährung, Heilpflanzen und Balance beruht, ist heute aktueller denn je und wurde von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe anerkannt.  Auf der Kneipp-Radrunde werden Kneipps Erkenntnisse erleb- und spürbar.

 

Ganz nah am Herzschlag der Natur – die Kneippradrunde

 

Die Route kann in jede Richtung befahren werden. Ein toller Startpunkt ist der Füssener Ortsteil Weissensee. Von Osten her blitzt die Altstadt von Füssen mit dem Hohen Schloss herüber. Vom Nordwestufer des Sees geht es über Hopferau zum Hopfensee. Dieser Abschnitt gehört eindeutig in die Kategorie „Allgäu-Idylle“: Das Braunvieh grast mit seinen großen Schellen auf den blühenden Wiesen, dahinter die Allgäuer und Ammergauer Alpen mit dem markanten Säuling. Sogar der höchste Berg Deutschlands, die Zugspitze, ist zu sehen. Es geht nicht anders: Spätestens hier lösen sich Alltagsgedanken in Luft auf. Bei einem Blick in Richtung Süden grüßt Deutschlands höchstgelegene Burgruine:  Falkenstein. Diese wollte König Ludwig II. zu einem weiteren Märchenschloss umbauen. Der Anstieg von Weißensee nach Hafenegg ist nicht ganz ohne, aber für Sportliche oder mit elektronischem Rückenwind kein Problem. Verleihstationen für E-Bikes gibt es direkt in Füssen – auch Mountainbikes und Rennräder mit Motor, mit denen man 100 Kilometer ohne Aufladen kommt. Ansonsten gibt es auch genug Ladestationen für Akkus – liegen bleiben also Fehlanzeige.

Der technikaffine König Ludwig II. würde sich so ein Gefährt bestimmt sofort zulegen. In einem Dokument um 1870 weist er einen Bediensteten an, sich genau nach einem „Velociped“ zu erkundigen. Was der begeisterte Reiter mit der damals noch neuen Erfindung eines Fahrrads wollte, ist allerdings unklar. Vielleicht wollte er schneller zu seinem Badeplatz am Alpsee gelangen, ohne erst sein Pferd satteln zu müssen.

 

Von der Allgäu-Idylle zur Flaniermeile

 

Am Hopfensee weht ein ganz anderer Wind. Promenieren und flanieren vor den Cafés und Restaurants entlang des Ufers – das hier ist die „Riviera des Allgäus“ mit einem exklusiven Logenblick auf die Berge und an einigen Stellen auch schon auf Schloss Neuschwanstein. Weiß-leuchtend hebt es sich von den Felswänden des Tegelbergs ab. Im Kneipp- und Luftkurort Hopfen am See wird erstmals auch der Namensgeber der Kneipp-Radrunde erlebbar. Zahlreiche Kurhotels, Sanatorien und Therapiezentren bieten die von ihm entwickelten Anwendungen an. Auf dem Hopfensee schwimmt eine Kneippinsel mit Tretbecken. Natürlich ist der See selbst Kneippanwendung pur, auch wenn er der wärmste Voralpensee ist. Überall gibt es Stege und im Schilf kleine Einstiegsstellen ins Wasser. Eine wunderbare Erfrischungspause.

Abkürzen ist erlaubt: Um per Schiff mit Blick auf die Königsschlösser über den Forggensee zu fahren, geht es über eine Nebenstrecke vom Hopfensee über den kleinen Weiler Erkenbollingen zur Schiffsanlegestelle Osterreinen. Einfach nur schön! Per Flaschenpost diese Momente festzuhalten – wer weiß, vielleicht erinnert man sich im Alltag dann leichter daran, wenn es mal wieder stressig wird. Mit Rädern an Bord rückt die Alpenkulisse immer näher – und der großartige Blick auf Neuschwanstein und Hohenschwangau. Übrigens kann man auch den Forggensee per Rad umrunden – vielleicht etwas für morgen?

Von der Anlegestelle am Bootshafen Füssen geht es am jadegrünen Lech den letzten Kilometer in die historische Altstadt. Sie erhebt sich mit dem Kloster Sankt Mang, dem Hohem Schloss und den gotischen Häuserfassaden imposant über dem letzten Wildfluss der Kalkalpen. Und wieder wartet eine ganz andere Welt auf die Radler. Der Lechuferweg entlang der bunten Häuser und schattenspenden, großen Bäumen führt heute zur letzten „Kühletappen“ der Runde: der idyllischen Kneippwiese im Park in Bad Faulenbach, kurz vor Mitter- und Obersee.

Wer mag, kann auch noch zu einem  Sonnenuntergangs-Bad im bergfrischen Alatsee weiterfahren. Mehr Wasser geht wirklich nicht. Pfarrer Sebastian Kneipp wäre die Route wahrscheinlich herzallerliebst gewesen – und König Ludwig hätte sich den Logenplatz auf der Lenkstange gesichert, um seine Schlösser wohlwollend aus verschiedenen Perspektiven zu bestaunen.